Interview mit Hendrik Buchna (Drei ???)

Heute komme ich zu meinem dritten "Drei ???"-Interview und zwar mit Hendrik Buchna:
1. Wie kommt man dazu, „Die drei Fragezeichen“ zu schreiben?
An erster Stelle steht natürlich die Liebe zu dieser Serie. Die „drei ???“ waren fester Bestandteil meiner Kindheit und haben sie entscheidend mitgeprägt. Mein Interesse an Rätseln, mysteriösen Ereignissen und Abenteuern in fernen Ländern hat seine Wurzeln nicht zuletzt in den Geschichten der drei Detektive. Um zu beantworten, wie ich selber nach Rocky Beach gelangt bin, muss ich allerdings etwas weiter ausholen und erlaube mir, aus einem früheren Interview zu zitieren:Bereits 2001, also weit bevor sich der berühmt-berüchtigte Rechtsstreit um die drei ??? abzeichnete, hatte ich ein Buch-Manuskript mit dem Titel „Die drei ??? und das Seeungeheuer“ geschrieben und eingesandt – ironischerweise jedoch an die falsche Adresse, nämlich das Label EUROPA. Da dort ausschließlich die Hörspiel-Versionen produziert werden, leitete man meinen Entwurf (nach einer sehr freundlichen Rückmeldung der bereits damals zuständigen Produktmanagerin Corinna Wodrich) an den Kosmos Verlag weiter, der bekanntlich seit eh und je die „???“-Bücher herausbringt. Trotz positiver Beurteilung bestand aufgrund der damaligen Autoren-Konstellation jedoch keine Verwendungsmöglichkeit, und so landete das Manuskript zunächst für geraume Zeit in der Schublade. Umso größer war meine Überraschung, als ich 2006, also fünf Jahre später, einen Anruf von Corinna Wodrich erhielt, die mir mitteilte, dass sie auf eine Kopie meines Seeungeheuer-Entwurfs gestoßen sei. Aufgrund der veränderten Rechtslage und des geplanten Neustarts der Hörspielserie unter dem Namen DiE DR3i hätte man meine Geschichte als geeignete Grundlage für die erste Folge befunden und man würde sich freuen, mich als Autor bei den drei Detektiven begrüßen zu dürfen. Da habe ich nicht wirklich lange gezögert.  ;-)  Man kann also sagen, dass eine falsche Adressierung letztlich zu meiner ‚Fahrkarte’ nach Rocky Beach wurde.Der spätere Kontakt zum Kosmos Verlag ist dann auf ganz traditionellem Wege entstanden, indem ich im Anschluss an das Serien-Ende von DiE DR3i nach Rücksprache mit EUROPA mein Manuskript zu „Im Zeichen der Schlangen“ beim Verlag eingereicht habe. Diesmal hat es tatsächlich geklappt, und so erschien im Frühjahr 2011 mein erstes „Drei ???“-Buch. Obwohl ich – mit einigen Unterbrechungen – also schon seit 2006 in Rocky Beach aktiv bin, ist es noch heute ein surreales Gefühl, denselben drei Jungs, die mich und meine Geschwister seit der Kindheit begleiten, nun die Worte in den Mund legen zu dürfen. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Traumjob, der mir immer wieder neue Horizonte öffnet. All die Reisen und der beständige Kontakt zu Autoren, Regisseuren, Sprechern und Schauspielern lassen niemals ein Gefühl von Routine oder Eintönigkeit aufkommen. So vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht kurz innehalte und mir bewusst mache, wie glücklich ich über das Privileg bin, dieses freie und aufregende Leben zu führen.Interview mit Hendrik Buchna (Drei ???)
2. Machst du dir manchmal Sorgen, ob das Buch den Fans gefällt?
Die Meinung der Fans bedeutet mir viel, schließlich ist sie die unmittelbarste Rückmeldung auf das eigene Schaffen. Darum verfolge ich stets aufmerksam die Reaktionen in den verschiedenen Foren. Auch der direkte Fan-Kontakt auf Messen oder Lesungen ist mir wichtig. Natürlich ist es illusorisch, jeder Kritik, Anregung oder Forderung gerecht zu werden, zumal manchen Lesern/Hörern genau jene Aspekte einer Geschichte gefallen, die andere als Defizite empfinden (und umgekehrt). Aber in der Gesamtschau der Bewertungen ergibt sich auf jeden Fall ein grundsätzliches Stimmungsbild hinsichtlich der Stärken und Schwächen eines Buchs oder Hörspiels. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass es mir offenkundig gelungen ist, bei meinen Büchern weitgehend den ‚richtigen Ton’ zu treffen. Jeder Autor hat ja den Wunsch, den Lesern mit seinen Geschichten gute und spannende Unterhaltung zu bieten. Dies lässt sich jedoch, vor allem wegen der sehr heterogenen Zielgruppe des „???“-Publikums, weder prognostizieren noch planen. Umso schöner, wenn es dann doch klappt.  :-) Angesichts der jahrzehntelangen Historie der „drei ???“ ist man dennoch hin und wieder ein wenig verunsichert, ob man diesem ‚Erbe’ wirklich gerecht werden kann. Vor allem direkt im Vorfeld einer Veröffentlichung kommt man mitunter ins Zweifeln, ob auch alles so funktionieren wird, wie man es sich vorgestellt hat. Dies gilt ganz besonders für unkonventionelle Projekte wie den „dreiTag“, für den ich ja die Justus-Geschichte „Der Fluch der Sheldon Street“ beisteuern durfte. Trotz seines stark experimentellen Charakters und diverser Unwägbarkeiten stieß dieses Dreier-Special auf ein überaus erfreuliches Echo und bestärkte uns darin, dass man nie aufhören sollte, an seine Träume zu glauben – auch wenn es manchmal ziemlich verrückte Träume sind.  ;-) Nachdem auch meine ersten regulären Bücher das Wohlwollen der Fans fanden, wurde mir (auch wenn sich das jetzt kitschig anhört) bewusst, dass ich nach all den Wirren und Umwegen nun endgültig in Rocky Beach ‚angekommen’ bin.

3. Baust du auf die typischen „Drei Fragezeichen“-Bücher oder probierst du auch mal was ganz anderes aus?
Wie oben schon angedeutet, versuche ich (natürlich im Rahmen der Traditions-Konstanten) immer wieder neue Ansätze und Impulse zu finden. Dies gilt nicht nur für die drei Detektive, sondern auch für andere Projekte wie beispielsweise die Hörbuch-Thrillerserie „DARKSIDE PARK“, bei der wir Autoren ebenfalls einige Grenzen ausgelotet haben. Natürlich kann man bei einer Reihe wie „Die drei ???“ nach 170 Büchern das Rad nicht mehr neu erfinden. Aber man kann – wie z.B. beim „dreiTag“ – versuchen, einen anderen Blick auf die bekannten Pfade zu werfen und auf diese Weise neue Akzente auf altem Terrain setzen.
4. Was denkst du, wenn du die CD’s zu deinen Büchern hörst?
Es ist immer wieder aufs Neue unglaublich spannend mitzuerleben, wie meine Geschichten von Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich akustisch zum Leben erweckt werden. Wie bei allen bisherigen Produktionen durfte ich auch diesmal schon im Vorfeld in die fertige Abmischung meines kommenden Hörspiels „Die drei ??? – Im Zeichen der Schlangen“ (Erscheinungstermin: 28.09.) hineinlauschen. Und ich bin mit dem Ergebnis rundum zufrieden.  :-)

5. Hörst oder liest du auch andere „Drei Fragezeichen“-Bücher?

Ja, ich lese natürlich auch die Bücher meiner Autorenkollegen bzw. höre die Umsetzungen von EUROPA, und wir tauschen uns hier und da auch offen über unsere Geschichten aus.

6. Hast du früher schon „Die Drei Fragezeichen“ gelesen?

Siehe Antwort 1.  ;-)

7. Wer ist dein Lieblingscharakter? Justus, Bob oder Peter?

Interview mit Hendrik Buchna (Drei ???)Das ist eine sehr schwere Frage, die ich in dieser Form eigentlich gar nicht beantworten kann, da jeder der drei Detektive Wesenszüge besitzt, die ich sehr wertschätze. Allerdings gab es im Vorfeld des „dreiTag“ genau diese Situation, weil wir Autoren, also Ivar Leon Menger, Tim Wenderoth und ich, uns entscheiden mussten, welchen der drei Detektive wir jeweils in den Fokus unserer Geschichte stellen würden. Die Aufteilung hat sich dann interessanterweise wie von selbst ergeben, da jeder von uns intuitiv eine bestimmte Tendenz gespürt hat. So entschied sich Ivar dafür, Peters ganz spezielles Verhältnis zu Angst und Bedrohung auszuloten, Tim widmete sich gemeinsam mit Bob ausgiebig dem Gebiet der Recherche, und ich stellte Justus‘ Gespür für Logik und Rationalität auf die Probe.

8. Gehören Figuren, wie Dick Perry oder Victor Hugenay schon zu den „Drei Fragezeichen“ dazu?

Aufgrund ihrer wiederkehrenden Rollen zähle ich diese Figuren auf jeden Fall zum festen Ensemble der „drei ???“.

9. Hast du den Film gesehen und wenn ja, was hältst du davon?

Ja, ich habe „Die drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel“ gesehen, direkt bei der Deutschland-Premiere in Berlin. Es war ein ambivalentes Gefühl, die drei Detektive nun erstmals leibhaftig vor Augen zu haben, und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte mir Justus, Peter und Bob genau so vorgestellt. Da ich mir aber schon im Vorfeld klargemacht habe, dass es sich hier um eine individuelle Interpretation des „???“-Universums – nämlich die des Regisseurs Florian Baxmeyer – handelt, konnte ich den Film einigermaßen unvoreingenommen auf mich wirken lassen. Unterm Strich halte ich „Das Geheimnis der Geisterinsel“ für einen phantasievollen und gut inszenierten Abenteuerfilm für Kinder, dessen Adaption der Originalmotive allerdings sehr frei geraten ist. Er funktioniert deshalb problemlos auch ohne Vorkenntnisse bezüglich der drei Detektive aus Rocky Beach. Wenn das eines der primären Ziele der Produktion war, so ist es gelungen.  ;-)

10. Wie war es für dich eine „Drei Fragezeichen“-Kurzgeschichte zu schreiben?

Schwieriger, als ich im Vorfeld dachte.  ;-)  Schließlich muss man sich der Aufgabe stellen, auf äußerst begrenztem Raum einen kompletten Fall aufzubauen, dramaturgisch zu konstruieren und aufzulösen. Da das in vollem Umfang kaum möglich ist, habe ich mehrere ‚Kunstgriffe’ angewandt, um diese Notwendigkeiten teilweise auszuhebeln. (*SPOILER zu „Die drei ??? und die Geisterlampe“*) So ließ ich in „Das Rätsel der schwarzen Nadel“ die Geschichte mitten im Fall beginnen, so dass im Intro eine knappe Zusammenfassung ausreichte, um ins Geschehen einzuführen. Beim „grauen Dämon“ wählte ich eine Szenerie, die vollkommen auf die archaischen Elemente Flucht und Furcht reduziert ist. Der Fall (der ja eigentlich gar keiner ist) spielt sich ausschließlich im Kopf des fassungslosen Zweiten Detektivs ab, der sich von einem monströsen Wesen verfolgt sieht. In „Verschwörung auf der Eagle Ranch“ bediente ich mich des Stilmittels eines retrospektiven Protokolls von Bob. Auf diese Weise konnte ich die Vorgänge wesentlich stärker straffen und pointieren, als es in regulärer Erzählform möglich gewesen wäre. Einzig „Jagd auf den Weihnachtsmann“ ist weitgehend klassisch aufgebaut und entwickelt den kompletten Fall im Mikro-Format. Übrigens ist die komplette Dunkelkammer-Szene aus der Kurzgeschichte „Das Rätsel der schwarzen Nadel“, in der Bob von einem Einbrecher in der Zentrale bedroht wird, eins zu eins aus der ursprünglichen Buchvorlage meiner „DiE DR3i“-Premierenfolge „Das Seeungeheuer“ entnommen. Diese Passage war damals bei der Hörspiel-Umsetzung der Schere zum Opfer gefallen, und ich hatte schon immer vor, sie irgendwann doch noch zu verwenden. Man soll eben niemals nie sagen.  ;-)

11. Wie lange dauert es bis ein Buch fertig ist?

Das variiert von Manuskript zu Manuskript. Je nach Recherche-Aufwand und parallelen Projekten kann die Entwicklung eines „???“-Buchs zwischen vier Wochen und drei Monaten dauern.

12. Welches „Drei Fragezeichen“-Buch ist dein Lieblingsbuch?

Das ist ungefähr genauso schwer zu beantworten wie die Frage nach meinem Lieblingsdetektiv, zumal meine Favoriten-Geschichten einander immer wieder abwechseln. „Die drei ??? und der Karpatenhund“ gehört wegen seiner kammerspielartigen „Fenster zum Hof“-Atmosphäre aber auf jeden Fall zu meinen persönlichen Top 5.Interview mit Hendrik Buchna (Drei ???)
13. Wann kommt dein nächstes „Drei Fragezeichen“-Buch?

Anfang August erschien mein neues Buch „Die drei ??? und das blaue Biest“, zeitgleich mit dem Kurzgeschichtenband „Das Rätsel der Sieben“, zu dem ich eine der titelgebenden sieben Storys („Bobs schwerste Stunde“) beigetragen habe. Ende September kommt dann die CD-Version von „Die Geisterlampe“ heraus – parallel zur Hörspielfassung meines Erstlings „Die drei ??? – Im Zeichen der Schlangen“. Und nebenbei arbeite ich an einem geheimen Projekt, über das ich aber frühestens im kommenden Jahr etwas sagen kann. Mir wird also gewiss nicht langweilig werden.  ;-)

14. Was sagen deine Verwandten dazu, dass du die berühmten „Drei Fragezeichen“-Bücher schreibst?

Die freuen sich natürlich alle mit mir, insbesondere meine Geschwister (eine Schwester, zwei Brüder), die wie ich mit den drei Detektiven großgeworden sind.

15. Was hältst du von den „Drei Fragezeichen Kids“?

Als Ergänzung finde ich die „Kids“ durchaus sinnvoll, da sie sich an eine jüngere Zielgruppe (ab ca. acht Jahre) richten und auf diese Weise schon die ganz Kleinen an Justus, Peter und Bob heranführen. Wenn sie dann alt genug sind, können sie nahtlos zur ‚klassischen‘ Serie übergehen. Ein harmonischer Kreislauf also.  :-)Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bei Hendrik Buchna bedanken, der sich so viel Zeit genommen und meine Fragen so ausführlich beantwortet hat.
Morgen geht es dann zum letzten Interview und Sonntag gibt es auch schon das große Gewinnspiel!

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